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2500 Kilometer war sie schließlich lang. Zwei Weltkriege
erlebte sie während ihrer Bauzeit, denn 38 Jahre brauchte man, um den Ausgangsbahnhof,
das türkische Konja, mit der Endstation im fernen Bagdad zu verbinden. Ein
Mammutunternehmen, das 1940 die irakische Hauptstadt erreichte und damit die lang
ersehnte, von deutschen wie türkischen Befürwortern mit aller Gewalt betriebene
ununterbrochene Schienenverbindung zwischen Berlin und Bagdad herstellte. |
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Foto: Helmut Dollhopf/DB Museum - www.bahn.de - obs/Deutsche Bahn AG |
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Die Bagdadbahn
Deutsche Eisenbahngeschichte im Vorderen Orient. Der Titel greift nicht zu hoch. Denn an
dem Mammut-Unternehmen, das zu Beginn des 20.Jahrhunderts erstmals entfernte Teile des
Osmanischen Reiches für den Güter- und Warenverkehr erschließen sollte, waren deutsche
Unternehmen maßgeblich beteiligt. Die Finanzierung lag in den Händen der Deutschen Bank,
und noch heute verraten Firmenplaketten an den Loks, aus welchen Werkstätten die
Dinosaurier des Dampfzeitalters stammen. Borsig (Berlin), Jung (Jungenthal) und Hartmann
(Chemnitz). Bereits Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Sultan in Konstantinopel (heute
Istanbul) deutsche Ingenieure ins Land gerufen, um weite, wegelose Gebiete mit einem
effizienten Eisenbahnnetz zu erschließen. Das Osmanische Reich erstreckte sich damals von
Ägypten bis zum Persischen Golf, und dem Herrscher am Bosporus lag daran, die Provinzen
enger mit der Hauptstadt zu verbinden. Den Anfang machte die Anatolische Bahn, deren
Hauptstrecke bereits 1896 fertig gestellt war und bis nach Konya reichte. Die Anatolische
Bahn ging später, auch namentlich, in der Bagdadbahn auf. Der erste Spatenstich für die
Bagdadbahn erfolgte im Oktober 1903 und fiel in eine politisch prekäre Zeit. Das
Osmanische Reich war nach 600 Jahren seines Bestehens nur noch ein Schatten seiner selbst,
und die europäischen Großmächte Britannien, Frankreich und Russland lauerten darauf,
den »kranken Mann am Bosporus« zu beerben. Aufs Höchste alarmiert registrierten sie
daher, dass mit dem jungen Deutschen Reich ein gefährlicher Konkurrent auf den Plan trat.
Der Besuch Wilhelms II. bei Sultan Abdul Hamid II. im Jahr 1898, den der Kaiser in
militärischer Galauniform absolvierte, war nicht wirkungslos geblieben. In den folgenden
Jahren gingen alle Eisenbahnkonzessionen an deutsche Firmen. |
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Die längste Strecke der Bagdadbahn verlief quer durch die Türkei, das
Kerngebiet des Osmanischen Reiches, mit einer oft dramatisch wechselnden Topografie.
Hunderte von Brücken und Viadukte entstanden, um Schluchten und Flusstäler zu
überwinden. In Anatolien hatten Bautrupps die wild zerklüfteten Grate des Taurusgebirge
zu überwinden, jener gewaltigen Felsbarriere, die seit Jahrtausenden den Zugang nach
Süden verwehrte. Das Bergmassiv mit seinen himmelstürmenden Dreitausendern entpuppte
sich denn auch als die härteste Herausforderung des gesamten Streckenbaus. Auf 64
Kilometern mussten 44 Tunnel gegraben und die Gleise an der höchsten Stelle über 1478
Meter geführt werden. Am Ende des Ersten Weltkrieges |
Foto: Helmut Dollhopf/DB Museum
obs/Deutsche Bahn AG
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waren etwa 2000 Kilometer Gleise verlegt, die Bagdadbahn
jedoch noch weit von ihrer Vollendung und jenen kühnen Plänen entfernt, die sie als
epochale Großtat sahen. Von Konstantinopel aus kommend, endeten die Schienenstränge in
Nasiria, einem kleinen, heute an der türkisch-syrischen Grenze gelegenen Ort. Dort sollte
sie mit dem Rest der Trasse verbunden werden, die seit 1912 von Bagdad aus in Richtung
Mosul vorangetrieben wurde, jedoch nur bis Samarra kam. Erst 1940 gelang es der irakischen
Regierung, die Lücke von 280 Kilometern zu schließen. Aber die politischen
Verhältnisse erlaubten später nur selten einen geregelten Bahnverkehr auf der Strecke,
wenngleich immer wieder an ihr herumgestückelt wurde. Erst im vergangenen Jahr
unterzeichneten türkische und irakische Eisenbahner ein Abkommen, das die Wiederaufnahme
einer durchgehenden Zugverbindung von Istanbul nach Bagdad vorsah. Der Ausbruch des
zweiten Golfkrieges im März machte jedoch alle Pläne zunichte, wie so oft. Bagdadbahn
und Politik waren von Beginn an untrennbar miteinander verbunden. In friedlichen Jahren
transportierten die Züge Getreide aus den Kornkammern um Konya nach Konstantinopel, im
Krieg vor allem Waffen sowie osmanische und deutsche Truppen zu den Fronten in
Mesopotamien und Palästina. Selbst die Hedjazbahn geriet in die Strudel der kriegerischen
Auseinandersetzungen, dabei hatte sie doch einem frommen Zweck dienen sollen. Mit diesem
schnellen Verkehrsweg wollte der Sultan seinen islamischen Untertanen den Hadsch
erleichtern, die jährliche Pilgerreise nach Mekka. Finanziert wurde die »Heilige Bahn«
zu einem erheblichen Teil aus den Spendengeldern gläubiger Muslime in aller Welt. Selbst
der Schah von Persien spendierte anderthalb Millionen Golddukaten. Die rund 1300 Kilometer
lange Strecke, 1908 fertig gestellt, begann dort, wo eine Seitenlinie der Bagdadbahn
endete, im Hedjaz-Bahnhof von Damaskus. Wer heutzutage den penibel gepflegten Wartesaal
betritt, fühlt sich eher in einen orientalischen Serail versetzt als in eine schnöde
Schalterhalle. Feudale Lüster beleuchten matt den rundum holzverschalten Raum, auf
spiegelglattem Boden plätschert ein Brünnlein. Hier verband sich osmanisches
Prachtgelüst mit dem vehementen Wunsch, Anschluss zu finden an die Errungenschaften eines
technisch überlegenen Europas. Bagdad- und Hedjazbahn waren ein Symbol dieser Träume,
die unerfüllt bleiben und so zur Legende werden sollten. |
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Text auszugsweise aus
Die Bagdadbahn - Zügig durch die Wüste |
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Rosemarie Noack - www.bagdadbahn.de
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Bilder oben: Frank Swiaczny 1996 - www.geographie.uni-mannheim.de/ swiaczny/jor.htm |
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Hedjazbahn
Die eingleisige Bahn von Damaskus nach Medina wurde von 1900 bis 1908 gebaut. In dieser
Zeit entstanden 1.532 Brücken, zwei Tunnel und 96 Bahnhöfe . Moslems aus aller Welt
hatten Geld für den Bau der 1.308 Kilometer km langen Wüstenbahn gespendet, damit Pilger
die heilige Stadt Medina leichter und schneller erreichen konnten. Der Leipziger Ingenieur
Heinrich August Meißner, der seit 1887 bei der Osmanischen Eisenbahn angestellt war und
auch am Bau der Bagdadbahn beteiligt war, wurde 1896 mit der Planung für die Hedjazbahn
betraut. Regelbetrieb gab es bei der Hedjazbahn sieben Jahre lang.
Während des Ersten Weltkrieges attackierte Lawrence von Arabien mit seinen Kriegern immer
wieder die strategisch wichtige Hedjazbahn. Allein 1917 gelang es ihm und seinen Beduinen,
in vier Monaten 17 Loks zu vernichten und 80 Eisenbahnbrücken zu sprengen. Die Spuren
dieser Kämpfe können Touristen noch heute sehen, wenn sie der Hedschasbahn-Trasse durch
den Süden Jordaniens bis zur saudi-arabischen Grenze folgen. Schienen, die ins
Wegelose führen, die Gerippe ausgebrannter Wagons, verrottende Dampflokomotiven, müde
zur Seite gesunken. Sandstürme fegen durch die kleinen verlassenen Bahnhofsgebäude. Noch
immer liegen Schotterhaufen für den Gleisunterbau wertlos im Sand. Die Telegrafenmasten
jedoch haben die Wüstenbewohner schon lange als Brennholz verfeuert. Zum letzten Mal hat
1924 ein Zug die gesamte Strecke befahren. |
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Text auszugsweise aus
Die Bagdadbahn - Zügig durch die Wüste |
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Rosemarie Noack - www.bagdadbahn.de
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Bilder oben: aus dspace.dial.pipex.com/steam/ trains/hejaz.htm |
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Lawrence entwickelte ohne besondere Militärerfahrung für die
schlecht organisierten Beduinenkrieger, die zu schwach für offene Feldschlachten waren,
in kurzer Zeit eine Strategie des Guerillakrieges, die sich auf Überraschungsangriffe
gegen kleinere türkische Militärposten und auf Sprengstoffanschläge entlang der
Hedschasbahn, einer Eisenbahnlinie von |
Damaskus bis Medina, beschränkte. |
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